Sao Miguel

Der Törn von Santa Maria nach Sao Miguel dauerte einen Tag. Die ersten Stunden  segelten wir, dann schlief der Wind ein und zum Schluss kam er zwar kräftig, aber direkt von vorne. Ein paar Delfine spielten mit Pigafetta, gaben aber bald auf…  Von den Delfinbeobachtern wissen wir, dass sie ihre Geschwindigkeit auf wenigstens 10 Knoten erhöhen, sobald Delfine erscheinen. Okay! Dafür begegneten wir einer knallorangen Schildkröte. Und nein, weder Schriftzug noch Möwe waren anwesend. Als wir aber auf gleicher Höhe waren, hob sie ihren Kopf und drehte ihn leicht schräg, so dass sich unsere Blicke trafen.

Sao Miguel ist die größte Insel der Azoren. Seit 1976 sitzt in Ponta Delgada auch die Regierung des Archipels. Mister President wohnt in einer Villa mit einem wundervollen Park, den man gegen 1-2 Euros besichtigen kann. Bäume und Pflanzen aus aller Welt gedeihen prächtig, ein lustiger Plausch mit den Pförtnern ist inklusive.

Im Juli und August ist absolute Hochsaison auf den Azoren. Jede Insel feiert pausenlos Parties und/oder Prozessionen. Vor allem wird überall mit Inbrunst Esprito Santo, der Heilige Geist, verehrt. Um den Touristen mehr Vielfalt zu bescheren, wird der Heilige Geist auf den Inseln zeitlich versetzt inszeniert. Wer also will, kann diesen Kult öfters im Jahr zelebrieren. Man munkelt, der katholischen Kirche gefiele der ganze Zauber so gar nicht…

Der Hauptteil der Touristen sind azoreanische Emigranten aus USA und Kanada. Viele, die in den 1970zigern ausgewandert sind, kommen regelmäßig, um ihren Kindern und Enkeln die alte Heimat zu zeigen. Es sollen in Amerika eine Million Azoreaner (samt Nachwuchs) leben, das sind mehr als auf den Azoren selbst. So wundert es nicht, dass wir auf der Straße das breite ‘Mary’ öfters hören als ein genuscheltes ‘Maria’.

Der ‘Fremdenverkehr’ kommt immer mehr in Schwung, allerdings ist dieser Sektor eigentlich nur auf Sao Miguel finanziell erwähnenswert. Es gibt ein paar Veranstalter, die spezialisiert sind; besonders Wandern in Gruppen ist beliebt. Die meisten Gäste kommen aber auf eigene Faust. Bei den europäischen Urlaubern belegen die Deutschen den zweiten Platz, vorne weg liegen übrigens die Skandinavier.

Ponta Delgada offeriert Tanz und Gesang, Tag und Nacht. Das Repertoire reicht von Vivaldi bis Reggae, via folkloristischen Tanzeinlagen. Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Da konnten wir beinahe locker über das ziemlich  dämliche Wetter hinweg sehen. Ein ernstes Wort zum Azorenhoch. Natürlich freut sich der Westeuropäer sehr, wenn ein Azorenhoch schön sommerstabil über den Inseln brütet. Und wir gönnen absolut allen den schönen Sommer 2013, ganz ehrlich! Hier auf den Azoren war das Wetter im Juli hingegen ausgesprochen undurchsichtig. Alle Wolken (außer Nummer 7) waberten fast ununterbrochen über und zwischen uns hindurch. Viele Wolken reichen bis in die Täler hinab und auf den Boden, existieren dann wortwörtlich als Nebel heiter weiter. Auf einer unserer Wanderungen, zusammen mit den prima Schweizern Erika und Reini von der SY Nora, sah es nun genau so aus:

 

 

 

 

 

Und wie wir sehen, sehen wir nichts. Leider nicht das Nichts (also, das mit dem großen Anfangsbuchstaben, das nirvanische Nichts), sondern schlicht gar nichts. Schade! Dabei hätten wir die ungemein sehenswerten Kraterseen in Blau und Grün sehen sollen…

Nachdem wir aber wieder unter die Wolken fanden, bemerkten uns neugierige Kühe, die eine Wiese mit unverbaubarem Meeresblick bewohnen.

Viehwirtschaft ist Standbein Nummero 1: Fleisch, Milch und Milchprodukte. Immer noch schwer EU – subventioniert, aber das soll sich ändern. Was dann?

Ein Produkt, das ungemein lecker schmeckt, ist die azoreanische Ananas. Auf dem Markt und in den Supermärkten ist sie doppelt so teuer wie die Ananas aus Costa Rica, obwohl sie doch kaum Transportkosten verbraucht. Aber ich bin da keine Fachfrau… Das Klima ist vermutlich kompliziert, so gedeiht die Frucht nur in aufwendigen Treibhäusern. Nördlich von Ponta Delgada gibt es noch zwei Plantagen, in denen die Ananas zum reinen Verzehr auf den Inseln heranreift.

Der absolute Hammer und ein trifftiger Grund, um die Azoren zu besuchen, sind die vielen heißen Quellen. Furnas besitzt eines der größten Thermalbecken Europas. Beim Stern-online hatte ich gelesen, es sei das größte der Welt… aber das hört sich schwer nach Marketing an. Jedenfalls schwimmt es sich ganz wunderbar in dem warmen, terracotta-farbigen Wasser …

Dieser Beitrag wurde unter Atlantik, Landratten, Meeresbewohner, Portugal abgelegt und mit , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.